Viele Scheidungswillige möchten beim Erstberatungsgespräch gerne wissen, wie lange eine Scheidung dauert. Die Zeitspanne bis zur rechtskräftigen Ehescheidung ist individuell sehr unterschiedlich. Auf die Dauer des Scheidungsverfahrens haben fünf Punkten entscheidenden Einfluss. Die Scheidungsdauer beschreibt dabei die Dauer des Scheidungsverfahren.
Einfluss auf die Dauer einer Scheidung haben dabei folgende Faktoren:
Scheidungsdauer Faktor 1 – Voraussetzungen
Es müssen bestimmte Voraussetzungen existieren, um überhaupt einen Antrag einreichen zu können. Das Gesetz bestimmt, dass eine Ehe geschieden werden kann, wenn die Ehe gescheitert ist.
Das Gericht geht von einer gescheiterten Ehe aus,
- wenn die Ehegatten/-gattinnen seit einem Jahr getrennt leben (Trennungsjahr) und beide die Scheidung beantragen oder die Antragsgegnerin oder der Antragsgegner der Scheidung zustimmt oder
- wenn die Ehegatten/-gattinnen seit drei Jahren getrennt leben.
Wenn bei nur einjähriger Trennung die Antragsgegnerin oder der Antragsgegner der Scheidung nicht zustimmt, müssen Tatsachen vorgetragen und unter Beweis gestellt werden, dass die Ehe doch nicht gescheitert ist (z. B. längere Versöhnungsversuche).
Eine Anwältin oder ein Anwalt kann die Voraussetzungen für die Scheidung prüfen und optimal einschätzen, wann der beste Zeitpunkt für die Einreichung eines Scheidungsantrags ist.
Rechtsanwältin Jutta Beukenberg, Fachanwältin für Familienrecht
Mit Einreichung des Antrags werden z. B. Stichtage für die vermögensrechtliche Auseinandersetzung und für den Versorgungsausgleich (Rentenausgleich) festgesetzt. Auch steuerlich kann die Einreichung eines Scheidungsverfahrens Folgen haben.
Scheidungsdauer Faktor 2 – Vorbereitungen
Zu den Vorbereitungen einer Scheidung gehört es die notwendigen Unterlagen zuzammenzustellen:
Heiratsurkunde und Geburtsurkunden der Kinder
Für die Scheidung benötigt die Anwältin / der Anwalt Kopien der Heiratsurkunde sowie der Geburtsurkunden von gemeinsamen minderjährigen Kindern.
Verfahrenskostenhilfeantrag
Wenn ein Verfahrenskostenhilfeantrag gestellt werden soll, hat die Scheidungswillige oder der Scheidungswillige ein Formular zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen sorgfältig auszufüllen, zu unterschreiben und alle Belege beizufügen. Wenn das Formular sorgfältig ausgefüllt wird, beschleunigt dies das Verfahren, da keine Rückfragen des Gerichts erforderlich sind.
Gerichtskosten einzahlen
Ohne die Beantragung von Verfahrenskostenhilfe müssen die Eheleute das jeweilige Nettoeinkommen angeben, damit hiervon ausgehend der vorläufige Verfahrenswert berechnet werden kann und mit dem Scheidungsantrag auch die Gerichtskosten eingezahlt werden können. Erst nach Einzahlung der Gerichtskosten wird das Gericht tätig. Es beschleunigt die Angelegenheit, wenn mit dem Antrag die Gerichtskosten sofort eingezahlt werden.
Scheidungsdauer Faktor 3 – Versorgungsausgleich
Im Rahmen der Scheidung ist auch der sogenannte Versorgungsausgleich (Ausgleich der während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften) vom Gericht durchzuführen.
Es können Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich zwischen den Eheleuten getroffen werden. Diese Vereinbarungen, die bis zum völligen Ausschluss des Versorgungsausgleichs gehen können, sind beurkundungspflichtig, d. h. es muss eine notarielle Urkunde erstellt werden.
Bei einer Ehedauer von unter drei Jahren wird der Versorgungsausgleich nur auf Antrag durchgeführt.
Für den Versorgungausgleich müssen beide Eheleute ein Formular ausfüllen, in dem sämtliche Rentenanwartschaften, die sie in ihrem Arbeitsleben erworben haben, anzugeben sind.
Das Familiengericht fordert bei den einzelnen Rententrägern die Auskunft zu den Anwartschaften, die während der Ehe erworben wurden, an.
Dies ist ein entscheidender Faktor, der die Dauer des Scheidungsverfahrens beeinflusst.
Je mehr Rententräger beteiligt sind, desto länger dauert das Verfahren.
Wenn dann noch ausländische Anwartschaften in die Berechnung einfließen, kann dies zu längeren Verzögerungen führen.
Sollte das Rentenkonto nicht geklärt sein und einer der beteiligten Ehegatten/-gattinnen an der Kontenklärung nicht umgehend mitwirken, trägt dies ebenfalls dazu bei, dass das Scheidungsverfahren verzögert wird.
Erst wenn alle Auskünfte der Rententräger vorliegen, bestimmt das Gericht den Scheidungstermin.
Eine Abtrennung des Versorgungsausgleichs ist nur selten möglich.
Wird der Versorgungsausgleich insgesamt ausgeschlossen, wird das Scheidungsverfahren hierdurch erheblich beschleunigt. Nach Zustellung des Scheidungsantrags an den anderen Ehegatten/-gattin und nach Ablauf der Frist, in der der Ehegatte oder die Ehegattin zum Scheidungsantrag Stellung nehmen kann, kann das Gericht sofort einen Scheidungstermin anberaumen.
Scheidungsdauer Faktor 4 – Folgesachen
Eine weitere Verzögerung des Scheidungsverfahrens kann dadurch eintreten, dass sogenannte Folgesachen anhängig gemacht werden, da die Eheleute sich hierüber nicht außergerichtlich einigen können.
Folgesachen sind neben dem Versorgungsausgleich (Zwangsverbund):
- alle Unterhaltssachen, sowohl gegenüber den gemeinschaftlichen Kindern oder der Eheleute untereinander,
- Ehewohnungs– und Haushaltssachen,
- Güterrechtssachen.
- Folgesachen können auch Kindschaftssachen (elterliche Sorge, Umgang) sein.
Die Scheidung wird in diesen Fällen erst dann ausgesprochen, wenn auch über die Folgesache entschieden werden kann.
Das Gesetz bestimmt ausdrücklich, dass über Scheidung und Folgesachen zusammen zu verhandeln und zu entscheiden ist (Verbund).
Dies hat zum einen einen finanziellen Vorteil, da die Werte der einzelnen Verfahren zusammengerechnet werden und jede Gebühr nur einmal entsteht und nicht mehrere Verfahren mit im Ergebnis insgesamt höheren Gebühren zu führen sind.
Wenn die Eheleute sich in einer sogenannten notariellen Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung über mögliche noch zu regelnde Punkte geeinigt haben, ist dies sowohl zeitlich als auch finanziell vorteilhaft.
Für die Erstellung einer solchen Vereinbarung, die i. d. R. notariell zu beurkunden ist, steht der Fachanwalt/Fachanwältin für Familienrecht beratend zur Seite. Der Vertrag wird i. d. R. auch von diesem im Entwurf gefertigt.
Scheidungsdauer Faktor 5 – Örtliche Zuständigkeit des Familiengerichts
Die örtliche Zuständigkeit ist in § 122 FamFG geregelt. Entscheidend ist meist der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthaltsort der Ehegatten/Ehegattinnen und/oder der Aufenthaltsort der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder.
Auf den mit der Sache befassten Richter/Richterin hat der Anwalt/Anwältin keinen Einfluss, insbesondere nicht auf die Dauer der Bearbeitung. Aufgrund von Personalmangel oder Krankheit kann es bei den jeweiligen Gerichten zu Verzögerungen kommen.
Fazit zur Scheidungsdauer
Es hängt somit von vielen Faktoren ab, wie lange ein Scheidungsverfahren dauert. Hochkomplexe Scheidungen mit hohem Streitpotential können über zwei Instanzen geführt werden und gehen damit meist über mehrere Jahre.
Sind sich die Eheleute einig und schließen sie im besten Fall auch noch eine Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung ab, hängt die Dauer des Verfahrens nur noch von der Schnelligkeit der Auskünfte zum Versorgungsausgleich und der befassten Richterin oder des befassten Richters ab.